Wichtiges Jubiläum

1.700 Jahre freier Sonntag

Am 3. März des Jahres 321 nach Christus verfügte Kaiser Konstantin per Edikt, dass der Sonntag im Römischen Reich ein freier Tag sein solle. Die katholische Arbeitnehmer-Bewegung und Betriebsseelsorge engagieren sich dafür, dass der Tag zur Erholung für die Menschen bleibt.

Aktivisten der „Allianz für den freien Sonntag“ seilen sich am Alten Peter in München ab, im Vordergrund die Mariensäule. © Tatjana Fuchs – Gesellschaft für Gute Arbeit mbH

„Ich kenne eine Reihe von Menschen, die sonntags arbeiten müssen und darunter leiden. Was nützt es denn, wenn man am Montag zum Skifahren gehen kann? Dann ist die Piste ziemlich leer, aber man muss alleine dorthin, weil alle anderen am Sonntag freihatten.“ Christian Bindl, Leiter der Betriebsseelsorge in der Erzdiözese München und Freising, greift auf ein Beispiel zurück, das er in Gesprächen öfter zu hören bekommt. Menschen, die regelmäßig an Sonntagen arbeiten müssten, hätten auch in pandemiefreien Zeiten häufig Probleme damit, Freundschaften zu pflegen und Zeit mit ihren Familien zu verbringen. Das gelte auch für das religiöse Leben, denn „den Gottesdienst kann man nicht alleine feiern“, betont Bindl.

Der Betriebsseelsorger steht Bestrebungen zur Aufweichung des Sonntags sehr kritisch gegenüber. Natürlich müsse es Ausnahmen vom Sonntagsschutz geben, etwa bei der medizinischen Grundversorgung, in den Bereichen Sicherheit, Notdienste und Mobilität sowie bei Sport-, Kultur- und Freizeitangeboten. „Aber es ist absolut unnötig, dass etwa der Einzelhandel am Sonntag verkauft.“

Verkaufsoffene Sonntage nutzen nur den Großen

Eine Gefährdung des freien Sonntags nimmt auch Philip Büttner wahr, der wissenschaftlicher Referent beim Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (kda) der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ist. „Der Schutz des Sonntags wird durch den Grundgesetz-Artikel 140 garantiert, aber es gibt immer neue Versuche, ihn auszuhöhlen, gerade auf kommunaler Ebene. Dabei ist allen klar, dass verkaufsoffene Sonntage nur den Großen der Branche nutzen, nicht aber den kleinen Familienbetrieben“, betont Büttner, der sich für den kda ebenfalls in der „Allianz für den freien Sonntag“ engagiert.

Die „Allianz für den freien Sonntag“ überträgt auf ihrer Webseite ihre Jubiläumsveranstaltung am Mittwoch, 3. März, im Livestream von 11 bis 13 Uhr. Heribert Prantl, ehemaliges Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung, wird ein „Lob des Sonntags“ beitragen. Rechtsanwalt Friedrich Kühn, Vertreter von KAB und ver.di bei Verhandlungen vor den Verwaltungsgerichten, referiert zum Thema „Unser gutes Recht. Wie wir den freien Sonntag verteidigen“.

Auf der Homepage der KAB gibt es ökumenische Gottesdienstbausteine zum Jubiläumsjahr 2021 zum Herunterladen. Außerdem findet man dort einen Flyer mit Argumenten zum Schutz des Sonntags zum Download und zur Bestellung.

Aktiv in die Allianz bringt sich auch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ein. „Der Sonntag ist seit Langem gefährdet. Aktuell wird die Corona-Krise als Argument für spätere Sonntagsöffnungen im Handel verwendet“, weiß Hubert Thiermeyer, Fachbereichsleiter Handel bei ver.di München und Oberbayern, und ergänzt: „Je stärker der Verdrängungswettbewerb im Handel zunimmt, desto stärker werden die Angriffe auf den Sonntag.“ Dabei gebe es hunderte von Gerichtsurteilen, die den Sonntagsschutz bestätigten. „Die Gerichte sind genervt, weil sie dauernd Recht sprechen müssen in Fragen, die bereits geklärt sind.“

Und natürlich ist auch dem Gewerkschaftsvertreter wichtig, dass möglichst viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen gemeinsamen freien Tag haben, weil der Sonntag nicht nur der Erholung diene, sondern zur Stärkung von Familien und sozialen Bindungen unverzichtbar sei. „In Bayern haben wir hier in den Kirchen gute Partner.“

Der Sonntag führt zur Freiheit

Die religiöse Begründung bleibt für den Schutz des Sonntags konstitutiv. Diakon Michael Wagner, Präses der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) in der Erzdiözese, erinnert an die lange jüdisch-christliche Tradition des Sabbats beziehungsweise später des Sonntags: Nicht nur, dass Gott selbst nach der Schöpfung am siebten Tag geruht habe; auch alle Menschen, die Sklaven und sogar das Vieh sollten sich nach den alttestamentlichen Büchern Exodus und Deuteronomium am siebten Tag von der Arbeit erholen. „Die Exodusgeschichte, der Wegzug des Volkes Israel aus der ägyptischen Sklaverei, ist eine Geschichte der Freiheit“, erklärt Wagner. „Der freie Sonntag ist Teil dieser Freiheitsgeschichte. Einer Freiheit, die sich in Gemeinschaft vollzieht und die dem Menschen Anteil an der Würde Gottes schenkt. Denn das Ruhen war in der Antike ein göttliches Privileg.“

Neben 1.700 Jahren freier Sonntag werden dieses Jahr auch 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland gefeiert, was ebenfalls auf ein Edikt Kaiser Konstantins zurückgeht. Auch dies wird Thema der Jubiläumsveranstaltung sein. Deshalb lädt die KAB in der Erzdiözese zur Feier des 1.700-jährigen Jubiläums des freien Sonntags am Mittwoch, 3. März, ein (siehe unten). Diözesanvorsitzender Hannes Kreller wirbt: „Lassen Sie uns gemeinsam Flagge zeigen für den Tag des Herrn, der auch ein Tag für die Menschen ist.“ (Gabriele Riffert, freie MK-Mitarbeiterin)

Podcast-Tipp

Treffpunkt KAB

In "Treffpunkt KAB" geht es um die Vernetzung der katholischen Arbeitnehmer-Bewegung mit der Gesellschaft und der Arbeitswelt“. Gerhard Endres spricht dazu mit verschiedenen Gesprächspartnern.

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